Ein Schlüssel zur Vergangenheit

21.07.2020 - Ältere Köschinger Generationen können sich mit Sicherheit noch gut an das ehemalige Feuerwehrhaus erinnern, das dort stand, wo sich heute der Maibaum befindet. Stolze 88 Jahre hatte dieser Bau als Unterbringungsort für die Geräte der Wehr – aber auch als Wohngebäude – gedient. Geblieben sind nach seinem Abriss im Jahre 1971 einige Bilder, die Bezeichnung „Feuerwehrplatz“ und ein Schlüssel. …



Ein Schlüssel ohne dazugehöriges Schloss ist an und für sich wertlos. Anders verhält es sich bei einem Exemplar, das seit Kurzem den historischen Fundus der Feuerwehr Kösching bereichert. Das besagte Stück ist nämlich weit über 100 Jahre alt und öffnete den Wehrmännern einst Tür und Tor – im wahrsten Sinne des Wortes. Mit seinem roten Blechanhänger, auf dem ein großes „F“ eingeprägt ist, gehörte der schwere Schlüssel nämlich zum alten Gerätehaus, das 1971 dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Der große rote Blechanhänger mit dem eingeprägten ''F'' deutet auf den einstigen Verwendungszweck des alten Feuerwehrhaus-Schlüssels hin.

Ein Schlüssel ohne Schloss: Da das alte Feuerwehrhaus bereits 1971 abgerissen wurde, kann Vorsitzender Christian Wittmann nur andeuten, wie die einstigen großen Holztore aufgesperrt wurden.

An diesen Anblick werden sich manche Köschinger noch mit Sicherheit erinnern können: Das alte Feuerlöschrequisitenhaus diente 88 Jahre als Heimat der Köschinger Wehr. Neben deren Gerätschaften waren dort auch das Fahrzeug der Sanitätskolonne (linker Anbau) und eine Wohnung (rechts) untergebracht. Die Aufnahme dürfte in den 1950er-Jahren entstanden sein.

Im Jahr 2020 erinnert nichts mehr an das einstige Gerätehaus. Lediglich die Bezeichnung „Feuerwehrplatz“ ist geblieben.

Dass dieses Türöffnungswerkzeug nicht zeitgleich mit dem Gebäude verschwand, ist der Familie Kraus zu verdanken. Diese bewahrte das gute Stück nämlich über all die Jahre auf – in Erinnerung an den einstigen Besitzer Georg Braun, der zu den verdienstvollsten Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr zählte. So bekleidete Braun über 65 Jahre hinweg mehrere Ämter – wie Kommandant, Oberkreisbrandmeister oder Schriftführer – um nur einige zu nennen. Als stetiger Begleiter galt über all die Jahrzehnte der Feuerwehrhausschlüssel, ehe dieser nach dem Abriss des Gebäudes ausgedient hatte. Nach dessen knapp fünfzigjährigem „Schubladendasein“ übergab Reinhard Kraus – ein Enkel des Vollblutfeuerwehrmannes – den Schlüssel an die Köschinger Wehr. Dass er dort gut aufgehoben wird, versprach Vorsitzender Christian Wittmann: „Wir freuen uns sehr über dieses besondere Stück Feuerwehrgeschichte und werden es in Ehren halten.“

Apropos „Historie“: Blättert man in der, seit 1871 geführten Chronik der Floriansjünger, lässt sich viel Wissenswertes über die einstigen Aufbewahrungsorte der Löschgeräte in Erfahrung bringen. So waren Feuerspritze, Leiter und Co. zunächst im Spritzenhaus beim Rathaus untergebracht. Zwölf Jahre nach Gründung der Feuerwehr stellten deren Verantwortliche einen Antrag zum Bau eines neuen Gerätehauses. Dieser Bitte kam die Marktverwaltung rasch nach. So wurde beschlossen, das ehemalige Postengebäude des Fort Va, das am Waidhausberg östlich von Kösching lag, zu erwerben. Am westlichen Ortsrand erfolgte anschließend der Auf- und Ausbau, der schnell vonstattenging: Bereits am 28. November 1883 konnte das Feuerlösch-Requisitenhaus feierlich seiner Bestimmung übergeben werden.
Trotz allem technischen Wandel diente dieses Gebäude jahrzehntelang als Feuerwehrhaus – aber auch Unterkunft für das Fahrzeug der Sanitätskolonne, wofür im Jahre 1936 ein Anbau geschaffen wurde. Selbst die Schallkanone des Veteranenvereins erhielt ab 1925 einen Platz zwischen den Löschgeräten, ehe sie nach dem Zweiten Weltkrieg auf unerklärliche Weise verschwand. Lange Zeit befand sich in dem Komplex auch eine kleine Wohnung. Um den Weg zur neuen Knabenschule am Stadtweg auszubauen und damit sicherer zu gestalten, wurde dieser Teil des Gebäudes jedoch 1961 abgebrochen, ehe das restliche Gebäude zehn Jahre später der Abrissbirne zum Opfer fiel.

Heute erinnert nichts mehr an das einstige Feuerlöschrequisitenhaus: Wo einst pferdebespannte Löschgeräte und später die ersten motorisierten Feuerwehrfahrzeuge ausrückten, befinden sich im Jahr 2020 Parkplätze und der Köschinger Maibaum. Geblieben sind lediglich einige Bilder, der Name „Feuerwehrplatz“ sowie ein Schlüssel, der auch ohne Schloss von unschätzbarem Wert ist.